Rede zu Beginn des TTIP Info-Tages in Göttingen

Stellen Sie sich vor, der Landkreis Göttingen beschließt, keinen Genmais zuzulassen oder kein Fracking zu erlauben. Oder die Stadt Göttingen beschäftigt nur Firmen, die Tariflöhne bezahlen. Ein US-Amerikanischer Konzern kauft eine Göttinger Straßenbaufirma, die schon mit der Stadt Verträge hat und bietet den Straßenbau nun zu sehr günstigen Konditionen an – es wird an Löhnen gespart. Göttingen lehnt ab und die Firma erhält den Auftrag nicht. Es entgeht ihr ein Auftrag – es entgeht ein Gewinn. Diesen verlorenen Gewinn klagt der Konzern nun bei einem geheimen Schiedsgericht  ein. Dieses tagt ohne Öffentlichkeit trifft eine Entscheidung …

Das kann es nicht geben, denken Sie? Doch, hier ein Fall: Im Mai 2013 führte Quebec ein Fracking-Verbot ein, eine Öl- und Gasgewinnungsmethode tief in der Erdkruste, die bedeutende Umwelt- und Gesundheitsrisiken birgt. Das US-Unternehmen Lone Pine Resources Inc. hatte einen Vertrag mit der kanadischen Regierung und verlangt von dieser nun 250 Mio. US-Dollar als finanzielle Entschädigung.

ttip_keine_chanceBereits vor fünfzehn Jahren versuchten Großunternehmen bei den Verhandlungen über das Multilaterale Investitionsabkommen (MAI) ihre Macht heimlich still und leise in unvorstellbarem Maße auszuweiten. Damals scheiterte das Projekt am hartnäckigen Widerstand der Öffentlichkeit und der Parlamente. Damit wurde unter anderem verhindert, dass sich einzelne Konzerne denselben Rechtsstatus wie Nationalstaaten verschaffen konnten. Das hätte etwa bedeutet, dass Unternehmen eine Regierung verklagen können, „entgangene Gewinne“ aus Steuergeldern auszugleichen. Jetzt aber kommen diese Pläne erneut auf den Tisch, und zwar in deutlich verschärfter Fassung. Der offizielle Name des neuen Projekts lautet „Transatlantic Trade and Investment Partnership“, abgekürzt TTIP. Dieses transatlantische Handels- und Investitionsabkommen soll, ähnlich wie früher das MAI, die Privilegien von Konzernen und Investoren absichern und sogar noch ausweiten. So wollen die EU und die USA ihre jeweiligen Standards in „nicht handelspolitischen“ Bereichen vereinheitlichen.

Gerade hat das Europaparlament in vorauseilendem Gehorsam ein Gesetz zum Investorenschutz gegen die Stimmen der Linken und der Grünen beschlossen. Ganz nach TTIP Vorbild.

Ein anderes bekanntes Beispiel für ein solches Verfahren ist die Klage des Pharmakonzerns Eli Lilly gegen Kanada im Rahmen des nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA. Weil Kanada ein Patent von Eli Lilly nicht anerkannte, macht der Konzern einen Schadensersatz von 500 Millionen US-Dollar für entgangene Gewinne aus dem Verkauf von Medikamenten geltend.

„Die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA  können möglicherweise im Jahr 2015 abgeschlossen werden.“ Dies teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/1118) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/828) mit. Darin wird eingeräumt, dass die Bundesregierung keinen Zugang zu den von den USA vorgelegten Verhandlungsdokumenten hat.

Wir wollen heute hier informieren und protestieren, weil bei diesem Abkommen  Industrieinteressen über die Interessen der Bürger gestellt werden. An 10 Stationen in der Stadt werden wir zu einem Schwerpunkt Grundinformationen geben. Die Redner stammen jeweils aus den beteiligten Organisationen dieses überparteilichen Göttinger Bündnisses gegen TTIP und ähnliche Abkommen.

Beteiligt sind u.a.
Attac
Anti-Atom-Initiative Göttinge
Foodsharing e.V.
Kreisverband Göttingen der Grünen
Initiative Umweltgewerkschaft
MLPD Göttingen Naturfreunde Göttingen
Piratenpartei
Solid
WählerInnen Gemeinschaft Göttinger Linke
Diese Organisationen haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen geheime Verhandlungen und geheime Schiedsgerichte zu protestieren.

Mit TTIP wird z.B. Investitionsschutz über Umweltschutz, Arbeitsrecht, Verbraucherschutz gestellt. Das ist eine bodenlose Sauerei und Unverschämtheit.

Dafür haben wir Mandatsträger nicht in die Parlamente gewählt, dass sie unsere Interessen so mit Füßen treten.

Wir sollten in Zukunft vor Wahlen genauer hinterfragen!

Die von uns gewählten Politiker reizen ihre Position und den Lobbyismus dermaßen aus, dass ich von dieser Stelle aus warnen möchte  – das geht nicht mehr lange gut. Andere Länder haben gezeigt, was geschieht, wenn die Interessen der Bürger immer wieder missachtet werden.
Viel fehlt nicht mehr, bis sich die Bürger zusammenschließen und andere Mittel anwenden, um dieser Sauerei Einhalt zu gebieten und endlich diese korrupten Lobbykraten in den Donnerdrummel jagen.


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